Führung einer Schulklasse im Christine Denzler-Labisch Haus
Eine ehrenamtliche Hospizhelferin gibt Einblick in ihre Arbeit.
Sehr persönlich, emotional und tiefgründig, ernsthaft und einfühlsam – aber keineswegs traurig oder deprimierend. Das waren die Erfahrungen der Klasse 9a der Graf-Stauffenberg-Wirtschaftsschule bei ihrem Besuch im Hospizhaus Bamberg mit den Religionslehrern Herrn Hirmke und Herrn Olbrich. Die ehrenamtliche Hospizhelferin Frau Ingeborg Fitz gewährte tiefe Einblicke in ihre 20-jährige Tätigkeit und beantwortete die zahlreichen Fragen der Schüler/-innen. Man hätte die berühmte Stecknadel fallen hören, als Frau Fitz von den Menschen, ihren Gedanken, Sorgen und Empfindungen am Ende ihres Lebens berichtete. Von dem Mann, der an den Sorgen um die Frau, die mit den kleinen Kindern im neuen Haus zurückbleibt, verzweifelt und es schlicht unfair findet, dass er so früh gehen muss. Von der 92-jährigen Bäuerin, deren letzter Wunsch darin besteht, ihr „Hennala“ noch einmal zu sehen – und der ihr prompt erfüllt wird, als das Huhn tatsächlich in einem Pappkarton in das Hospizzimmer transportiert wird. Von dem Mann, der niemanden mehr sehen will, weil die Angehörigen schon angefangen haben, sich noch zu Lebzeiten um sein Vermächtnis zu streiten. Von der Frau, die im Hospizhaus ihren langjährigen Lebensgefährten heiratet, um als Ehefrau sterben zu können.
Das wichtigste in ihrer Arbeit ist einfach nur das „da“ sein und den Menschen Zeit zu schenken: „Ich bin tatsächlich eine Zeitschenkerin“, beschreibt Frau Fitz den Kern ihrer Arbeit. So wird Sterbenden im Hospizhaus bis zum Schluss ein Leben und Sterben in Würde ermöglicht und sie werden nicht allein gelassen. Gesten sind dabei oft wichtiger als Worte: „Eine Hand zu halten, neben der Person zu sitzen und manchmal den Rücken zu streicheln. Das genügt.“ Frau Fitz erinnert sich an eine Patientin, die kein Wort gesprochen hat, sich nur am Rücken streicheln ließ und am Ende der „Streicheleinheit“ meinte: „Schee - machen se weiter!“
„Sind die Menschen in diesem Haus glücklich?“ – „Ja!“ sagt die Hospizhelferin voller Überzeugung. Sie haben keine Schmerzen, da sie mit Schmerzmitteln behandelt werden, sie werden rund um die Uhr umsorgt. Und obgleich viele anfangs auch oft noch mit dem Schicksal hadern - es herrscht eine Atmosphäre der Ruhe, die von Patienten ausgeht und Frau Fitz verweist, bei aller Verzweiflung, auf den Humor, den sich viele nicht nehmen lassen: „Die Patienten wollen keine Trauermiene – es wird tatsächlich gelacht“, versichert Inge Fitz mit einem Lächeln. Überhaupt schaffte es Frau Fitz durch gebotene Ernsthaftigkeit und Humor die Aufmerksamkeit der Schüler für sich zu gewinnen und durch ihr Auftreten den Sinn und die Atmosphäre des Hauses lebendig werden zu lassen.
Beeindruckt zeigten sich die Jugendlichen vom Raum der Stille, in dem Bücher ausliegen, in denen die Angehörigen von Verstorbenen persönliche Seiten über diese gestalten und in denen man viel aus der Persönlichkeit der Verstorbenen herausfinden kann. In diesem Raum wird einmal im Monat ein Gedenkgottesdienst für die Verstorbenen eines Monats gefeiert. Dies ist auch Teil der Trauerarbeit für die Hinterbliebenen, die hier geleistet wird.
Am Ende gab Frau Fitz den Schülerinnen und Schülern mit: „Vieles relativiert sich - die Arbeit mit Sterbenden gibt mir Dankbarkeit und einen anderen Blick auf das Leben.“ Vielleicht gingen an dem Tag auch die Schüler/-innen der Klasse 9a mit dem Gedanken aus dem Hospizhaus, den Frau Fitz seit 20 Jahren mitnimmt, wenn sie nach Hause geht: „Du darfst noch leben. Danke. Mir geht’s gut.“ (Autoren: Ralph Olbrich / Christine Reuß)