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Nachbericht "norway.today"

Theaterstück norway.today
Datum:
Veröffentlicht: 21.4.11
Von:
Michael Maisch

Aufführung am 15. April 2011 im Christine Denzler-Labisch Haus

Die Künstlerwerksatt Stegaurach brachte unter der Regie von Michael Feulner dieses brisante Stück auf die Bühne. Minutenlanger Applaus belohnt Darsteller, Regisseur und Techniker für ihre begeisternde Leistung.

Die Künstlerwerksatt Stegaurach brachte unter der Regie von Michael Feulner dieses brisante Stück auf die Bühne.

Zum Inhalt:
Die lebensmüde zwanzigjährige Norwegerin Julie (galubhaft überdreht: Heike Hollet-Geppert) sucht im Internet Gleichgesinnte, die mit ihr in den Tod gehen wollen. In einem Chatroom lernt sie den neunzehnjährigen Österreicher August (treffsichere Mimik und Gestik: Christian Herbst) kennen, in dem sie einen solchen Gesinnungsgenossen findet. Beide haben eigentlich keinen Grund, zu sterben, nur finden Sie auch keinen guten Grund, weiter zu leben. Die beiden beschließen, ihrem Leben gemeinsam ein Ende zu setzen und machen sich auf, um in Norwegen vom 600 Meter hohen Prekestolen-Felsen am Lysefjord in den Tod zu springen. Ihr vermeintlich letzter Tag entwickelt sich aber ganz anders, als sie geplant hatten.

Handlungsarm und dialogreich erzeugen die beiden Darsteller eine nahezu beklemmende Atmosphäre. Das meistverwendete Wort ist fake, also Fälschung oder Schwindel, womit aus Sicht der Lebensmüden das Leben charakterisiert ist. Leere ist die zweite Sichtweise des nicht lebenswerten Daseins. Deshalb wundert sich August auch nicht, dass es „am Leben sein“ heißt und nicht „im Leben sein“.

Bis zu diesem Tag des geplanten gemeinsamen Suizids hatten Julie und August auf ihre je eigene Weise das Glück in ihrem Leben nicht zugelassen. Jetzt, wo sie sich gegenseitig ihre eigensinnigen Verhinderungstheorien und –strategien zumuten, spüren sie am Widerstand des anderen ihre eigene Wirksamkeit. Und daraus entsteht Zuneigung, Erotik erwacht, Phantasien blühen. Da gehen dann alle Versuche schief, Abschiedsworte an die Hinterbliebenen in die Videokamera zu sprechen.

Lächelnd, Hand in Hand, schließen die beiden den weit gespannten Spannungsbogen.


Minutenlanger Applaus belohnt Darsteller, Regisseur und Techniker für ihre begeisternde Leistung.