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Akademisches Abschiedssymposium für Prof. Dr. Borasio

Vogler, Schubothe beim Absschiedssymposium Prof. Borasio
Datum:
Veröffentlicht: 16.3.11
Von:
Annegret Schubothe, Hedwig Vogler

„Medizin ist nicht genug – multiprofessionelle Perspektiven in der Palliative Care“

Wir haben am Akademischen Abschiedssymposium für Prof. Dr. med Gian Domenico Borasio teilgenommen. Kompakt und hochkompetent wurde uns vor Augen und zu Ohren geführt, was Interdisziplinarität, das zentrale Prinzip von Palliative Care, bedeutet.

 

Wir waren in München. Wir waren dabei. Wir haben am Akademischen Abschiedssymposium für Prof. Dr. med Gian Domenico Borasio teilgenommen. Er ist der Leiter des Interdisziplinären Zentrums für Palliativmedizin (IZP) am Klinikum der Universität München, Inhaber des Lehrstuhls für Palliativmedizin.

Kompakt und hochkompetent wurde uns vor Augen und zu Ohren geführt, was Interdisziplinarität, das zentrale Prinzip von Palliative Care, bedeutet. Schon die Definition legt das nahe:
„Palliativmedizin dient der Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und ihren Familien, die mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung konfrontiert sind. Dies geschieht durch Vorbeugung und Linderung von Leiden mittels frühzeitiger Erkennung, hochqualifizierter Beurteilung und Behandlung von Schmerzen und anderen Problemen physischer, psychosozialer und spiritueller Natur.“ (WHO 2002)

Palliativmedizin ist Betreuung für die letzte Lebensphase, nicht nur in der letzten Lebensphase. Die letzten 24 Stunden sind leichter zu gestalten als die letzten 24 Monate. Und Palliativmedizin ist die Aufgabe aller Ärzte, so Prof. Borasio. Wenn überhaupt jemand ein Anrecht auf Zuständigkeit hat, dann die Allgemeinmediziner – im Englischen „familiy doc“. Ein wichtiger Gedanke. Palliative Care ist nicht auf Schmerztherapie zu reduzieren. Schon gar nicht, wenn Schmerz rein physisch verstanden wird. Das engliche Wort „pain“ übersetzte Prof. Borasio mit „Leiden“. So schließt es deutlich die psychologische und spirituelle Dimension mit ein. 50% von Palliative Care machen die psychosoziale und spirituelle Begleitung aus. Das hat uns als HospizmitarbeiterInnen wieder bestätigt. Wir sind wichtiger Kooperationspartner in diesem Konzept.

Die individuelle Erfahrung von Lebenssinn und Zufriedenheit ist in schwerer Krankheit ebenso möglich wie in Gesundheit, sicher an andere Kriterien gebunden. Spiritualität, Natur, Genießen werden als gewichtig bewertet. Wer ein Wozu hat erträgt auch ein Wie.

Der Begriff der „hilfsbereiten Hilflosigkeit“ hat uns fasziniert. Beschreibt er doch eine Erfahrung, die auch wir HospizmitarbeiterInnen manchmal teilen.

Besonders berührend war der engagierte Vortrag von Dr. Marina Kojer über das Recht von Hochbetagten auf Palliative Care. „Sei mit mir“ und „Verstehe mich“ ist der dringende Appell dieser PatientInnen. Das Recht auf kommunikative Grundversorgung muss als Menschenrecht im Mittelpunkt stehen. Kommunikation ist die Brücke zum Du.

„Das Grundwort Ich-Du kann nur mit dem ganzen Wesen gesprochen werden. Wer Du spricht, hat kein Etwas zum Gegenstand.“ Martin Buber.

Als „unverschämte Wünsche“ formulierte die Referentin: Eine respektvolle, wertschätzende Haltung von ÄrztInnen, Pflegenden, SeelsogerInnen. Kompetenz in der Kommunikation mit schwer kontaktierbaren Hochbetagten. Achtsamkeit und Empathie. Und selbstverständlich: Kompetenz in Palliative Care.

Auf der Heimfahrt nach Bamberg sprach uns im Zug der Schaffner an: „Einen schönen Tag in München gehabt bei dem schönen Wetter?“ „Vom Wetter haben wir wenig mitbekommen.“ Er: „Na, dann wohl gut shoppen gewesen?“ Nachdem wir auch hinsichtlich dieses Klischees enttäuschen mussten. „Sie haben sich wohl fortgebildet?“ Ja, das haben wir. Auf einen Satz gebracht: Der Tag hat uns wieder gepolt und ausgerichtet, auf das, was Palliative Care ausmacht. In ein paar Sätzen lässt sich die Fülle unserer Erfahrung weder einem Zugschaffner, noch in ein paar Sätzen für die Homepage zusammenfassen. Wir danken den Veranstaltern für das großzügige Geschenk.