Zweite Trauerfeier für konfessionslose Verstorbene ohne Angehörige
20. Dezember 2011, Bamberg Hauptfriedhof
Die Trauerrede hatte folgenden Wortlaut:
(Musik: Johnny Cash, Highway Patrolman)
Sehr geehrte, liebe Anwesende,
wir sind heute hierhergekommen, um Herrn Manfred N. die letzte Ehre zu erweisen. Da es niemanden gibt, der sich um seine letzten Angelegenheiten kümmert, wird er auf Kosten des Sozialamtes bestattet. Er war aber ein Mensch, und wir wollen ihm heute noch einmal ein Gesicht verleihen und ihn würdig verabschieden.
Das Wenige, was wir von ihm wissen, sei hier berichtet:
Manfred N. kam am 25. März 1940 in Bamberg zur Welt und starb dort am 8. September 2011. Das heißt, wann er genau starb, ist nicht bekannt. Seit dem 1. September brannte Tag und Nacht Licht in seiner Wohnung; ein seltsamer Geruch breitete sich langsam im Treppenhaus aus. Am 8. September rief eine Nachbarin die Polizei und Herr N. wurde in seinem Sessel liegend tot aufgefunden. Der Arzt stellte einen natürlichen Tod fest.
Über sein Leben gibt es ein paar bruchstückhafte Informationen. Er besuchte die katholische Gangolfschule, trat aber später aus der Kirche aus. Seinen Beruf Grafikdesigner übte er als Selbstständiger aus. Auch nach seiner Pensionierung entwarf er Glückwunschkarten für Freunde und Nachbarn. Im Internet finden sich immer noch drei Nennungen zu seinem Gewerbe.
Manfred N. hat seine Mutter bis zu ihrem Tod gepflegt. Zu seinen anderen Verwandten in Bamberg hat er den Kontakt schon vor 20 Jahren abgebrochen. Wir kennen die Gründe nicht. – Kochen war eine seiner Lieblingsbeschäftigungen. Manchmal hat er auch seine Nachbarn zu deren Freude gut bekocht. Wenn die Nachbarin krank war, hat er schon mal die Hausordnung für sie gemacht.
Zwei Freunde besuchten ihn immer wieder. Mit ihnen teilte er die Begeisterung für amerikanische Countrymusik. Er selbst spielte früher die Gitarre und hatte auch eine im Wohnzimmer hängen. Im Trauschein seines Vaters stand als Beruf: Musiker.
Ein anderes Hobby waren der Schützenverein und Waffen. Darüber ist wenig bekannt. Die Polizei hatte jedenfalls keinen Anlass zu irgendwelchen Nachforschungen.
Etwa zwei Wochen vor seinem Tod wurde Manfred N. wegen eines Herzinfarkts ins Klinikum eingeliefert. Nach seiner Entlassung gibt es keine Informationen bis zu seinem einsamen Tod.
Vielleicht können wir einige Parallelen sehen zwischen dem Tod von Manfred N. und einem Werk des englischen Dichters und Dramatikers Lord Byron mit dem Titel:
Manfred
Dem Gedicht, eigentlich mehr ein lyrisches Schauspiel in drei Akten, ist folgendes Motto vorangestellt:
"Es giebt mehr Ding' im Himmel und auf Erden,
Als eure Schulweisheit sich träumt.“
Als im letzten Akt die Teufelsgeister Manfred holen wollen, vertreibt er sie:
MANFRED:
„Ich wußt' und weiß, daß meine Stunde schlug,
Doch meine Seele weicht nicht deines Gleichen.
Fort! Ich will sterben wie ich lebte, – einsam. …
Ich selbst war mein Zerstörer, und ich will's
Auch künftig sein. – Zurück, besiegte Teufel!
Die Hand des Todes liegt auf mir, – nicht eure.
…
DER ABT:
Todt! – Seine Seel' ist dieser Erd' entflohn, –
Wohin? – Mich graut's zu denken. – Es ist aus.“
Mit diesen Worten endet das Werk.
(Musik: Johnny Cash, Ghostriders in the Sky)
Vielen Dank für Ihre Anteilnahme.